Adelar von Kersulec,  Adventskalender '22

4.12.2022 Adelar

Adelar stand mit den anderen Burschen am Feuer und starrte in die rotorange glosende Glut. Die Kastanien, die sie an den Rand gelegt hatten, knackten leise und dufteten bereits verführerisch. Dennoch warteten sie noch eine ganze Weile, ehe sie mit Stöcken die heißen, braunen Dinger aus der Glut schubsten. Natürlich verbrannte er sich die Finger beim Versuch, die Erste zu öffnen. Die waren aber auch heiß.
Der Geschmack jedoch entlohnte für alle Mühen. Heiß, nussig und leicht süß zergingen sie auf der Zunge. Später kreisten Becher mit einem Trunk. Adelar fragte nicht, was eigentlich drin war in dem Zeug. Es war süß und ließ einen schweben, als sei man ein Drachenbaby. Den Kopf voller kruder Gedanken legte er sich neben das verglühende Feuer.

»Hier bist du, Adelar, was tust du da?« Jemand berührte ihn sanft an der Schulter und klang besorgt.
»Mutter, was?«
»Wir haben uns Sorgen gemacht, Vater und ich. Du bist nicht nach Hause gekommen. Du sollst doch nicht… Sie sind nur Niedere, Ausgestoßene.«
»Sie sind meine Freunde, Mutter!«
»Freunde!« Sie spuckte das Wort aus, als sei es etwas so ekeliges wie vergorene Schafshoden mit kandierten Minzblättchen. Dann hielt sie ihm ihre Hand hin und wollte ihm aufhelfen. Adelar ignorierte sie geflissentlich. »Du kannst gehen, Mutter, ich kenne den Weg nach Hause alleine und werde ihn finden, wenn ich das will.«
Sie schluckte, zog ihre Hand zurück und nickte. »Wie du meinst, Adelar.«

Der nächste Morgen brachte geschäftige Aufbruchsstimmung. Karren wurden beladen, Decken verräumt. Die Feuer gründlich gelöscht. Adelar kletterte wie selbstverständlich neben das sonnengebräunte Mädchen auf den Kutschbock des zweiten Wagens.

»Du begleitest uns?«
»Vorerst. Wenn die Daike es erlaubt.«
»Das tut sie sicher.« Ein breites Grinsen legte sich auf die Lippen des Mädchens. Schließlich beugte sie sich herüber und drückte Adelar einen Kuss auf die Wange.
Die Karren setzten sich rumpelnd in Bewegung. Der Beginn einer neuen Zeit. Adelar war mehr als zufrieden mit sich und der Welt.

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