»Wo steckt dieses Gör nur wieder? Ich versohl ihr doch den Hintern!« Zeternd rannte die Köchin in den Hof, den Kochlöffel hoch erhoben.
»Was echauffiert ihr euch so, Frau Köchin?«
»Jemand hat schon wieder von den kleinen Küchlein gestohlen. Das kann nur Sophia gewesen sein. Sie ist so eine Naschkatze.«
»Sicher irrt ihr euch.«
»Und wie ich mich nicht irre… immer ist es sie… aber nun ist Schluss damit. Ich gehe zu ihrem Vater, der muss ein Machtwort sprechen. Wie soll ich denn so meine Vorbereitungen beenden? Wenn immer schon etwas gefuttert wird? Heh?«
Clemens seufzte. Er mochte Sophia. Auch wenn die Köchin Recht hatte, und sie frecher war, als es sich für eine kleine Edeldame geziemte. Aber vermutlich war es genau das, was ihn reizte. Er folgte der Köchin in die große Halle und hörte sie vor dem Herrn schimpfen.
Arnwards Stirn zog sich in grimmige Falten. »Es reicht wirklich. Holt mir Sophia, das muss ein Ende haben. Diesmal erhält sie ihre verdiente Strafe.«
Clemens schluckte und trat vor. »Mein Herr, ich muss…«
»Was gibts? Was mischst du dich ein? Mein Entschluss steht fest.«
»Herr, aber sie war es nicht!«
»Woher weißt du das? Bist du dir sicher.«
»Ja, Herr, das bin ich.«
»Warum?«
»Weil ich es war, der die Küchlein gemopst hat.«
Das Holz des Prangers drückte im Nacken. Sein Rücken war schon steif und die Hiebe brannten auf seinem Hinterteil, dennoch wollte das Grinsen nicht von seinen Lippen verschwinden. Die Leute mussten ihn für einen Idioten halten, aber das war ihm gleich. Für sie hätte er noch viel mehr ertragen. Nur ihre erschreckten Augen, als man im Hof das Urteil und den Grund dafür verkündete, hatte er ein wenig bedauert.
Als Arnward am Abend Ruprecht schickte, um ihn aus dem Pranger zu befreien, war er froh. Der Onkel gab ihm zwar noch eine herbe Kopfnuss und hieß ihn Dummkopf, aber das war zu verkraften. Ein wenig steif und ungelenk verzog sich Clemens in seine Kammer.
Kurz darauf klopfte es. Er rief: »Es ist offen.«
Die Tür schob sich auf und Sophia stand da, die Hände auf dem Rücken und den Kopf gesenkt. »Es tut mir leid, Clemens. Aber du musstest das auch nicht… es war meine Strafe…«
Er lächelte. »Ich weiß. Aber ich hätte deine Tränen nicht ertragen.«
»Wer sagt, dass ich geheult hätte?« Trotzig schob sie das Kinn vor. »Trotzdem Danke.«
Sie stellte eine kleine Kiste aus Holz neben seinen Bettkasten. »Damit du wenigstens weißt, wie das schmeckt, wofür sie dir den Hintern verklopft haben.« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und huschte aus dem Zimmer. Geräuschvoll schloss sie die Tür. Er sah ihr einen Moment nach. Dann öffnete er die Kiste. Ein halber kleiner, runder Apfelkuchen lag darin. Und ein Zettelchen: ›Danke‹ und ein Herz.
Er brach sich ein Stück Kuchen ab und biss hinein. Apfel und Honig füllte seinen Mund.
Er lächelte. Das hatte sich gelohnt.