6.12.2022 Katharina


Katharina seufzte. Sie hatte ihn gesehen. Gestern Abend im Nebel. Hinter der Scheune. Er war nicht allein gewesen. Ein hübsches, dralles Ding war ihm gefolgt. Als sie sich unbeobachtet wähnten, war sie ihm um den Hals gefallen. Mehr hatte Katharina nicht sehen müssen. Sie hatte sich eine Kammer geben lassen in dieser heruntergekommenen Kaschemme und sich sofort auf diese zurückgezogen. Sie wollte nicht, dass er sie vor der Zeit sah. Dort hockte sie nun. Selbst jetzt noch pochte ihr Herz hart gegen die Rippen und ihr Mund wurde trocken. Tränen kullerten ihre Wange hinab und der Nevender, den sie am Nachmittag geschnitten hatte, lag unbeachtet auf dem Bett. Oh, wie sie es hasste. Sie ist nur eine Magd, seiner nicht einmal wert. Und ich? Kriege das heulende Elend. Sie stampfte mit dem Fuß auf. In der Kälte der Nacht schmiedete sie Pläne und verwarf sie wieder.
Am nächsten Morgen stand sie entschlossen auf, packte den Nevender und kletterte die Stiege hinab. In der Gaststube fand sie das dralle Ding. Ihre Nebenbuhlerin. Sie bedachte sie mit einem eisigen Blick und warf ihr den Nevender vor die Füße, als sei er ein Fehdehandschuh. Dann wandte sie sich suchend um.
Am Tisch saß er. Einen Humpen Bier vor sich. Sie trat an ihn heran.
Er hob den Blick. Seine Augen weiteten sich: »Katharina! Was tust du hier?«
»Ich habe dich gesucht.«
»Nun, du hast mich gefunden!«
»Ja, das habe ich.«
»Und?«
»Und nichts.« Sie schnaubte. Alle Pläne zerstoben im Nichts. »Oder doch. Du bist ein Schuft!« Im nächsten Augenblick holte sie aus.
Er fing ihren Arm ab, ehe ihre Hand auf seine Wange klatschte.
»Au, du tust mir weh.«
»Du wolltest mir auch weh tun!«
»Du hast es verdient!«
»Habe ich?« Er hob die Augenbrauen.
»Ja, hast du.« Ihr Blick flog zu der Kleinen, die mit einem Besen Staub aufwirbelte.
Er schluckte und senkte den Blick. »So ist es doch gar nicht.«
»Ach nicht?«
»Nein… ich liebe nur dich, Katharina.«
»Das hast du ja wunderbar verborgen.« Jetzt liefen die Tränen doch, die sie so mühsam versucht hatte zurück zu halten.
Er wischte sie mit dem Finger beiseite. »Nicht weinen, Katharina. Ich konnte doch nicht wissen… du bist so unerreichbar…«
»Dabei will ich nur dich, seit ich sechs Jahre alt bin, und du hättest es wissen müssen.«
Er zog sie in die Arme. »Schhh….« Dann verschloss er ihren Mund mit einem langen Kuss. Im nächsten Moment hieb ein Besen auf ihn ein. »Du Schuft!«
»Au…«
Katharina gluckste leise.